Generation SSD - ultraschnell und leise
SSDs haben zwar noch nicht den erhofften Preisverfall erfahren, dennoch setzen immer mehr Hersteller auf die zukunftsträchtigen Festplattennachfolger. Ob auch Sie schon darauf setzen sollten, hängt von vielen Faktoren ab.
Festplatten auf Flash-Speicher-Basis sind jetzt schon eine ganze Weile auch für den Endkunden verfügbar. Hatten SSDs vor einem Jahr noch den Nimbus eines Statussymbols und Technikwunders, erwarten sich Benutzer mittlerweile handfeste Vorteile von den neuen Speichermedien und das zu einem Preis, der diese auch rechtfertigt.
Die Vorteile von SSDs gegenüber Festplatten sind vielfältig, allerdings kommen nicht alle unmittelbar zum tragen. Hinzu kommt, dass die moderne Technik auch Nachteile mit sich bringt, die man vor einem Kauf kennen sollte. Nicht zuletzt sie entscheiden mit darüber, wie eine SSD am sinnvollsten eingesetzt wird.
Schneller
Zu den wesentlichen Eigenschaften jedes Speichermediums gehören die Kennzahlen Speicherkapazität, Übertragungsgeschwindigkeit und Zugriffszeit. Danach kommen die Haltbarkeit der Daten und die Kosten. In den meisten dieser Punkte hängen SSDs die rotierenden Massenspeicher mittlerweile locker ab – so zumindest behaupten es die Hersteller. Das fängt schon bei der Geschwindigkeit an. Aktuelle SSDs bringen es auf Übertragungsraten von über 200 MByte/s.
Die schnellste SSD in diesem Test erreichte 206 MByte/s. Selbst schnelle Festplatten reichen kaum an diese Fabelwerte heran – es sei denn, man sieht sich nach speziellen Serverfestplatten um. Und selbst die kommen bestenfalls in den äußeren Bereichen der Magnetscheiben auf solche Werte. In den inneren Bereichen und damit auch im Durchschnitt sind Festplatten langsamer, denn SSDs kennen keine unterschiedlichen Geschwindigkeitszonen.
Je nachdem wie viele Chips parallel an dem Controller betrieben werden – Intels aktueller SSD-Controller unterstützt bis zu zehn Speicherchips – ist die Geschwindigkeit der SSD höher oder niedriger. Sie liegt aber bis auf kleinere Einbrüche immer auf dem in etwa selben Niveau. Zwar schwankt die Leseleistung auch bei der erwähnten SSD und geht stellenweise auf bis zu 179,4 MByte/s herunter, allerdings liegt die aus den Schwankungen resultierende mittlere Leserate bei 188 MByte/s und das schafft keine uns bekannte Festplatte.
Ein bisschen anders sieht es allerdings beim Schreiben von Daten aus. Hier haben SSDs einen Nachteil, mit dem sich Festplatten nicht herumschlagen müssen. Während Festplatten Sektoren beschreiben, egal ob vorher Daten in ihnen gespeichert waren, müssen SSDs erst einen Löschvorgang einschieben, der Zeit kostet und dafür verantwortlich ist, dass die Schreibleistung hinter der Leseleistung zurückliegt.
Im Gegensatz zu den ersten SSDs hat sich hier aber mittlerweile einiges getan und so kommen moderne Modelle beim linearen Schreiben von Daten auf mittlere Übertragungsraten von immerhin bis zu 162 MByte/s. Zum Vergleich: Die schnellste von uns vermessene Festplatte kommt auf 138 MByte/s – Spitzengeschwindigkeit wohlgemerkt. Im Durchschnitt schrumpft auch sie auf 108 MByte/s zusammen. Aber nicht nur was die lineare Transferrate angeht, haben SSDs einen prinzipiellen Vorteil gegenüber herkömmlichen Festplatten. Vor allem Zugriffe auf verstreute Daten sind ihre große Stärke.
Während Festplatten für die Positionierung des Kopfes auf die richtige Spur und das Warten darauf, dass der angeforderte Sektor unter dem Lesekopf hindurch rotiert im Schnitt etwa 10 bis 15 Millisekunden benötigen, greifen SSDs auf Daten in rund 0,1 Millisekunden zu. Je nachdem wie verstreut die Daten auf der Festplatte oder SSD liegen, können sich diese Zeitunterschiede so aufsummieren, dass man auch ohne Stoppuhr oder Messprogramme den Unterschied bemerkt.
Wir haben im Labor eine Windows-Vista-Installation auf die Intel-SSD aus diesem Test kopiert und gemessen, wie lange das Hochfahren des Rechners und einiger Anwendungen dauert. Das Resultat: Mit 17 Sekunden zu 33 Sekunden ist das ansonsten identische System mit der SSD deutlich schneller unterwegs. Überbewerten sollte man diesen Effekt allerdings nicht. Zunächst einmal gilt es zu bedenken, wie viele Anwendungen man bei einer durchschnittlichen Sitzung am Computer überhaupt startet und wie viele davon automatisch beim Systemstart geöffnet werden.
Letzteres kostet zwar auch Zeit, allerdings sollte man, wenn es einem auf einen schnellen Systemstart ankommt, den Rechner ohnehin nicht komplett herunterfahren. Sinnvoller ist es, den Suspend to Disk (Ruhezustand) oder den Suspend to RAM (Energiesparzustand) zu verwenden. Aus letzterem benötigen Systeme mit Windows Vista typischerweise zwischen fünf und zehn Sekunden zum Aufwachen.
Am elegantesten ist der hybride Standby-Modus, der den Hauptspeicher unter Spannung hält, dessen Inhalt beim Einschlafen aber trotzdem auf der Festplatte speichert. So meckert der PC nicht, wenn ihm während des Energie sparenden Zustandes der Saft ausgegangen ist, sondern lädt den Speicherinhalt einfach von der Festplatte.
Sparsamer
Interessant ist der Suspend-to-Disk-Modus im Zusammenspiel mit SSDs beim Einsatz auf Notebooks. Suspend to RAM ist zwar auch auf den mobilen Rechnern verfügbar, allerdings verbraucht selbst der sparsame Hauptspeicher wertvolle Akku-Ladung, wenn er stundenlang mit Energie versorgt werden muss.
SSDs versprechen hier auch beim Suspend-to-Disk-Betrieb eine schnelle Wiederaufnahme des Betriebs ohne den Akku zu belasten.
Überhaupt haben SSDs in Notebooks ein Heimspiel, was wohl einer der Gründe dafür war, warum die Flash-Speicher als erstes in mobilen Computer auf dem Massenmarkt angeboten wurden. Je nachdem ob alle Stromsparmechanismen und sonstigen Einstellungen (wie etwa Defragmentierung) korrekt gewählt sind, verbrauchen neuere SSDs im Betrieb weniger Strom als ihre Kollegen mit den Drehscheiben.
Corsair CMFSSD-128GBG2D (P128)
Diese müssen praktisch immer in Rotation gehalten werden, was auch bei den mit rund 2 bis 4 Watt Leerlaufverbrauch relativ sparsamen 2,5-Zoll-Laufwerken langsam aber sicher am Notebook-Akku zehrt. SSDs dagegen verbrauchen für gewöhnlich nur dann Strom, wenn tatsächlich Daten von ihnen abgerufen werden. Eine Ausnahme bilden eventuell vorhandene und aktivierte Garbage-Collection-Mechanismen (dazu später mehr) und Hintergrundprogramme.
Ein weiterer Vorteil gerade im mobilen Bereich ist die größere Robustheit der SSDs, da sie keine beweglichen Teile besitzen. Zwar verfügen gute 2,5-Zoll-Festplatten über Lage-bzw. Beschleunigungssensoren, die erkennen, wenn die Platte (mitsamt Notebook) fällt und die Köpfe rasch auf einer Rampe in Sicherheit bringen.
Meist ist außerdem das Notebook, das ja ebenfalls als Knautschzone fungiert, eher kaputt als die eingeschlossene HDD. Aber im Zweifel hält eine SSD härtere Stürze aus als eine Festplatte – und oft sind die Daten wichtiger als das Notebook. Dass SSDs lautlos arbeiten und weniger warm werden als Festplatten, fällt angesichts der beschriebenen Vorteile kaum noch ins Gewicht.
Obwohl sich die bislang vorgetragenen Argumente wie ein Loblied auf die neue Speichertechnologie anhören, sollten die Schwachstellen nicht übersehen werden. Bereits beschrieben wurde die im Verhältnis zur Lesegeschwindigkeit geringere Leistung beim Schreiben. Die ist zwar bei unseren Messungen hervorragend, allerdings liegt das daran, dass wir frische Laufwerke zum Test bekommen. Mit der Zeit fragmentieren auch SSDs, was sich erheblich auf die Schreibgeschwindigkeit auswirken kann, denn die Speicherzellen von SSDs sind in Seiten, meist 4 KByte groß, organisiert, die wiederum in 512 KByte großen Blöcken zusammengefasst sind.
Ist ein solcher Block leer, können die Daten einfach hineingeschrieben werden. Befinden sich darin aber noch Daten, muss der Block erst gelesen, um die zu schreibenden Daten ergänzt oder verändert und erst dann geschrieben werden. Bisweilen befinden sich auch Daten in solchen Blöcken, die das Betriebssystem als gelöscht betrachtet. Das ATA-Trim-Kommando, das neuere Linuxe und Windows 7 beherrschen, dient dazu, SSD-Controller diesbezüglich auf dem neuesten Stand zu halten und aufgrund obsoleter Daten überflüssige Lesezyklen zu verhinden.
Neuere SSDs bringen zudem eine Garbage Collection mit. Sie fasst im Hintergrund Blöcke zusammen, die nicht voll beschrieben sind und leert die so freigewordenen. Das funktioniert nach unseren Tests zwar gut, kostet aber (in Notebooks) nicht nur Akkuleistung, sondern führt zu zusätzlichen Schreibzugriffen, die bei SSDs auf Multi-Level-Cell-Basis mit rund 10 000 angegeben werden.
Diese eingeschränkte Anzahl von Schreibzugriffen ist ein weiterer Nachteil. Obwohl beim Einsatz in normalen Rechnern Lesezugriffe wesentlich häufiger auftreten, begegnen die Hersteller dem Problem mit dem so genannten "Wear Levelling". Damit werden Schreibzugriffe über die gesamte Platte verteilt, um eine gleichmäßige "Abnutzung" und damit eine längere Gesamtlebensdauer zu gewährleisten. Das wiederum kann sich ernsthaft auf die Datensicherheit auswirken (siehe Interview).
Wear Levelling funktioniert zudem nur, wenn genügend freie Sektoren vorhanden sind, um die Daten wie bei dem aus der Kindheit bekannten Schiebebildchen hin und her transportieren zu können. Randvolle SSDs haben daher eine geringere Lebenserwartung. Beim Einsatz von Programmen wie TrueCrypt sollte man darauf verzichten, die ganze SSD mit Daten zu füllen und die verschlüsselten Dateien so zu tarnen.
Die größte Schwäche der SSDs ist neben dem höheren Preis aber der noch unfertige Eindruck, den sie hinterlassen. So jagt zur Zeit ein Firmware-Update das andere. Und als wäre es nicht genug, dass dabei alle Daten gelöscht werden, kommt es auch noch zu Pannen. So musste Intel ein Firmware-Update zurückrufen.
Fazit
Die neue Generation der SSDs bügelt einige Schwächen der Vorgänger aus und lässt vermuten, dass sich die Zeit der Festplatten dem Ende zuneigt. Bis dahin wird es aber noch dauern. Zunächst muss der Preis fallen und auch die diversen Kinderkrankheiten und Update-Orgien sollten erst einmal vergehen. Im Notebook oder als Boot-Laufwerk machen die SSDs aber schon jetzt Lust auf mehr.
Interview: Edmund Hilt, Managing Director Kroll Ontrack GmbH Böblingen
PC Magazin: Haben Sie schon SSDs zur Datenrettung eingeschickt bekommen?
Edmund Hilt: Ja, wir haben schon einige Solid State Disks zur Datenrettung zugeschickt bekommen. Gemessen an den herkömmlichen elektromagnetischen und optischen Medien ist der Anteil aber noch sehr gering.
PC Magazin: Sind Daten von SSDs eher leichter oder schwieriger zu retten als von Festplatten?
Edmund Hilt: Zum einen ja, zum anderen nein. Denn Datenrettung ist ein zweistufiger Prozess, der aus dem Auslesen der Daten und der anschließenden Wiederherstellung besteht. Das Auslesen von Daten aus den einzelnen Chips ist in der Regel leichter als bei herkömmlichen Festplatten. Jedoch muss bei der anschließenden Wiederherstellung zunächst die Arbeit des SSD-Controllers mühsam simuliert werden, der die Daten über die einzelnen Flash-Sektoren verteilt. Dieser sehr hohe Aufwand, der nicht selten auch eine Entwicklung von eigenen Tools erfordert, entfällt bei der Festplatte.
PC Magazin: Wie wirkt sich Wear levelling auf die Datenrettung aus? Finden sich dadurch öfter Dateifragmente als bei HDDs?
Edmund Hilt: Wear Levelling lenkt die Schreibzugriffe auf einen logischen Block des Mediums auf wechselnde physikalische Speicherbereiche um. Dadurch soll eine wesentlich längere Nutzungsdauer erreicht werden. Allerdings sind die verwendeten Algorithmen bzw. Verfahren von den Herstellern in der Regel nicht offen gelegt und auch selten auf den Produkten vermerkt. Das macht die Puzzle-Arbeit der Fragmente eben viel schwieriger als bei normalen Festplatten.
PC Magazin: Thema Datenschutz: Wie muss eine sichere Löschung von Daten angesichts von Wear Levelling aussehen?
Edmund Hilt: Sichere Datenlöschung ist hier eine besondere Herausforderung. Dadurch, dass eben nicht sichergestellt werden kann, dass alle Fragmente angesteuert und überschrieben werden, ist bei SSDs das Schreddern oder das Zerbrechen in kleine Einzelteile eine sehr sichere und dabei kostengünstige Variante.
Sonntag, 27. Dezember 2009
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