Donnerstag, 30. April 2009
Attentäter gibt Anschlag auf Königin zu
Fünf Tote beim Königinnen-Umzug in den Niederlanden
Der 38-Jährige, der mit seinem Auto in die Zuschauermenge beim Königinnenumzug im niederländischen Apeldoorn gerast ist, wollte einen Anschlag auf Königin Beatrix verüben. Das sagte er der Polizei, bevor er in eine Klinik gebracht wurde.
Der Holländer sagte den Beamten unmittelbar nach der Bluttat, dass die königliche Familie sein eigentliches Ziel gewesen sei. Das teilte die Staatsanwaltschaft am Abend bei einer Pressekonferenz mit.
Festbus knapp verfehlt
Der Mann hatte vor laufenden Fernsehkameras mit seinem schwarzen Suzuki Swift zwei Absperrungen durchbrochen und mehrere Menschen zu Boden gerissen. Vier Zuschauer starben und 13 weitere wurden zum Teil schwer verletzt. Einer von ihnen starb später im Krankenhaus. Der Mann verfehlte den Festbus, in dem die Monarchin und ihre Familie vorbeifuhren, dann um mehrere Meter und prallte gegen ein Denkmal. Unter den Verletzten sind drei Kinder im Alter von neun, 15 und 16 Jahren. Von der Begleitung der Königin wurde niemand verletzt.
Der Täter selbst wurde schwer verletzt und in einem Krankenhaus operiert. Sein Zustand sei kritisch, teilte die Polizei mit. Gerüchte, nach denen der Mann bereits hirntot sei, wurden weder bestätigt noch dementiert. Für die noch laufenden Ermittlungen wurden 250 Polizisten eingesetzt. Der Mann soll wegen Totschlags oder gar Mordes angeklagt werden.
Kein Sprengstoff entdeckt
Bereits am Morgen war der Mann der Polizei aufgefallen, weil er den Absperrungen zu sehr genähert hatte. Er wurde zurückgeschickt. Experten suchten das Wrack des Unfallwagens unter anderem mit Hilfe von Spürhunden ab. Es wurde jedoch kein Sprengstoff bei dem Mann gefunden. Auch ein terroristischer Hintergrund wurde ausgeschlossen. Das teilte ein Justizsprecher mit. Nach Informationen von ZDF-Korrespondentin Jutta Sonnewald wurde auch die Wohnung des Fahrers durchsucht. Das Motiv sei noch völlig unklar. Möglicherweise war es die Tat eines Verzweifelten. Der Halter des Kleinwagens habe seinen Job verloren und sei nicht mehr in der Lage gewesen, seine Miete zu bezahlen, berichtete die niederländische Nachrichtenagentur ANP am Donnerstag. Es sei aber noch unklar, ob Fahrzeughalter und Fahrer des Wagens identisch seien.
Königin Beatrix wandte sich später erkennbar aufgewühlt in einer Fernsehansprache an die Nation. Sie sei zutiefst geschockt und traurig über das Geschehene, erklärte die Monarchin. Es sei unfassbar, dass so etwas passieren konnte. Die Königin sprach allen Verletzten sowie den Angehörigen der Getöteten ihr tief empfundenes Beileid aus. Zugleich sagte sie alle offiziellen Feiern zum Königinnentag ab. Auch Ministerpräsident Jan-Peter Balkenende äußerte Bestürzung. Der Königinnentag, der so fröhlich begonnen habe, sei "ein trauriger Tag" geworden.
Polizei im Großeinsatz
Unmittelbar nach der blutigen Fahrt versuchten Zuschauer und Rettungdienste Schwerverletzte zu reanimieren. Auch um die Würde von blutenden Ohnmächtigen zu wahren und sie nicht den Kameras auszusetzen, hielten Menschen Tücher vor die Liegenden. "Das ist ein Blutbad, furchtbar", sagte ein Frau unter Tränen vor den laufenden Fernsehkameras. "Anschlag, das kann doch nur ein Anschlag sein", fügte ein Mann hinzu. Die Polizei startete sofort einen Großeinsatz - zum Schutz der königlichen Familie sowie zur Klärung der Hintergründe des grauenvollen Geschehens.
Niederländische Medien erwähnten ausdrücklich die weiße Hautfarbe des mutmaßlichen Attentäters. Damit sollte offenkundig deutlich gemacht werden, dass es sich nicht um die Tat eines Mannes aus der islamistischen Szene handelte. Im Jahr 2004 hatte ein muslimischer Attentäter den islam-kritischen Regisseur Theo van Gogh auf offener Straße in Amsterdam erschossen. Daraufhin war es zu gewalttätigen Übergriffen auf Moscheen und gegen Muslime gekommen.
Der Königinnentag wird in den Niederlanden normalerweise auf unzähligen Partys von Millionen von Menschen ausgelassen gefeiert. In diesem Jahr gab es noch einen besonderen Grund dafür - Beatrix' Mutter, die 2004 gestorbene Ex-Königin Juliana, die als "Mutter der Nation" verehrt wurde, wäre am Donnerstag 100 Jahre alt geworden.
In Amsterdam und vielen anderen Städten folgten die Organisatoren jedoch dem Aufruf zur Tauer und sagten Partys ab. Vielerorts wurden wie in Apeldoorn alle Flaggen auf Halbmast gesetzt.
Der Königinnentag
"Koninginnedag" ist ein Nationalfeiertag in den Niederlanden. Er wird jedes Jahr am 30. April begangen. Wenn dieser Tag aber auf einen Sonntag fällt, wird schon am 29. April gefeiert. Überall in den Niederlanden finden dann Volksfeste und andere Feiern statt. Die Königin nimmt jedes Jahr in einem anderen Ort an den Festen teil, wobei sie von Mitgliedern ihrer Familie begleitet wird.
Während der Regierungszeit von Königin Wilhelmina und Königin Juliana wurde der Koninginnedag noch am Geburtstag der Monarchin gefeiert. Königin Beatrix, die selbst am 31. Januar Geburtstag hat, gab dann bei ihrer Inthronisierung am 30. April 1980 bekannt, dass der Koninginnedag zu Ehren ihrer Mutter, Prinzessin Julianas, weiterhin an deren Geburtstag, also am 30. April, gefeiert werden solle.
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