Schönheits-OPs im IntimbereichÄrzte warnen
Deutsche Ärzte warnen Frauen vor falschen Erwartungen an Schönheitsoperationen im Intimbereich. Bislang lägen keine Langzeitstudien vor, die eine anhaltende psychische oder funktionelle Verbesserung zeigten, schreibt eine Autorengruppe um die Berliner Psychotherapeutin Ada Borkenhagen im "Deutschen Ärzteblatt".
Bevor Schamlippen verkleinert oder der vermeintliche G-Punkt mit Kollagen aufgespritzt würden, sollten die Frauen über die möglichen Risiken aufgeklärt werden, heißt es bei den drei Medizinern, zu denen auch Professor Elmar Brähler von der Universität Leipzig und Professor Heribert Kentenich vom Fertility Center Berlin zählen. Narben, Verwachsungen, sexuelle Funktionsstörungen und eine veränderte Sensibilität könnten Folgen des Eingriffs sein.
Eine Ursache: Trend zur Rasur
Ein Grund für die im Durchschnitt rund 785 Euro teuren Eingriffe sei der zunehmende Trend zu ganz oder teilweise rasierten weiblichen Genitalien, ergänzen die Mediziner. Gefragt sei derzeit ein Genital, das wie das eines jungen Mädchens aussehe und der Oberseite eines Brötchens gleiche, wobei die äußeren Schamlippen die inneren verdeckten und die Schamlippen in engen Tangas oder Bikinihöschen nicht auftragen sollen, schreiben die Ärzte. In manchen Magazinen würden die inneren Schamlippen kaschiert oder geschönt abgebildet, schreibt Borkenhagen. Und ergänzt: "Diese Darstellungen dienen jedoch vielen Frauen als Vergleichsmaßstab." Gerade junge Mädchen gerieten zunehmend unter Druck, dem neuen Schönheitsideal zu entsprechen, "zu lange" äußere Schamlippen würden als Stigma erlebt.
Narben an sensibler Stelle
Der Berliner Frauenarzt Professor Heribert Kentenich warnt Frauen vor Narben an einer "sehr sensiblen Stelle". Nur in wenigen Fällen sei eine genitale Operation medizinisch sinnvoll – etwa bei einem drohenden Gebärmuttervorfall, oder wenn die kleinen Schamlippen so groß sind, dass sie beim Sitzen oder Radfahren stören und sich ständig entzünden.
Auch die Fachgesellschaften begleiten den Trend kritisch. "Schönheits-OPs sind kein Besuch beim Friseur", meint etwa die Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Plastische Chirurgie, Prof. Maria Deutinger. Ohne medizinischen Hintergrund sei eine ästhetische Intimkorrektur ein fahrlässiger Eingriff. "Es kann zum Verlust des Hautempfindens und zu Narbenschmerzen kommen. Auch der Harnfluss kann beeinflusst werden", mahnt sie.
Die drei "Ärzteblatt"-Autoren zitieren unter anderem den "International Vaginal Dialogue Survey" aus dem Jahr 2004. Dafür wurden im Auftrag des Pharmaunternehmens Organon 9441 Frauen im Alter zwischen 18 und 44 aus 13 Ländern zu Wahrnehmung, Einstellung und Wissen zu ihrer Vagina befragt. Berichtet wurde über die Resultate im Journal "Contraception". 61 Prozent hatten bezüglich des Aussehens und 47 Prozent bezüglich der Größe der eigenen Vagina Bedenken, hieß es dort.
Bald soziale Norm?
Borkenhagen und ihre Kollegen schreiben im "Ärzteblatt": "Angesichts der medialen Aufbereitung des Themas ist absehbar, wie sich aus dem verbreiteten Verhalten Einzelner zunehmend eine neue soziale Norm entwickelt, die insbesondere junge Frauen unter Druck setzen kann." In vielen Berichten über kosmetische Genitalchirurgie (Female Genital Cosmetic Surgery, FGCS) werde die Verbesserung des weiblichen Lustempfindens als Ziel und Ergebnis der Eingriffe genannt. Unisono werde ein überwältigender Zuwachs sexueller Befriedigung konstatiert. "Der medial geschürten Unzufriedenheit von Frauen und Mädchen mit ihren Genitalien sollte durch Information und Bewusstseinsbildung über das vielfältige Erscheinungsbild der weiblichen Genitalien entgegengetreten werden", empfehlen hingegen die Autoren.
Montag, 23. März 2009
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