NewsKopie: Buchhandel setzt auf Einschüchterung

Freitag, 13. März 2009

Buchhandel setzt auf Einschüchterung

Von Sebastian Wieschowski

Der Buchhandel hat aus den Fehlern von Musik- und Filmbranche gelernt - und droht präventiv mit Klagewellen gegen E-Book-Kopierer. Außerdem im Überblick: SchülerVZ sperrt Winnenden-Gruppe, und Google tippt Telefonate ab.

Der deutsche Buchhandel hat den kalten Krieg gegen den möglicherweise kopierwütigen Teil seiner Kundschaft eröffnet: Zur Einführung elektronischer Bücher auf der Leipziger Buchmesse hat er vorsorglich massenhaft Klagen gegen Raubkopierer angekündigt.

"Wir werden in aller Schärfe gegen den illegalen Download, gegen den Diebstahl im Internet, vorgehen" und "die Gerichte mit Tausenden von Verfahren beschäftigen", sagte der Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Alexander Skipis, zur Eröffnung der Leipziger Buchmesse am Donnerstag. "Die Politik zwingt uns zu diesem Schritt." Sie neige zur Bagatellisierung dieses "organisierten Verbrechens".

Damit finden sich nun nach Musik- und Filmfreunden endlich auch die Bücherwürmer per Generalverdacht zu potentiellen Kriminellen geadelt. Freuen dürfte die martialische Drohung auch die Staatsanwaltschaften, bei denen schon einige Zehntausend Anzeigen und Klagen gegen P2P-Nutzer, die sich via Internet mit Musik eingedeckt haben, auf Halde liegen. Abgearbeitet wird von diesem Aktenberg, der allein reichen würde, die deutschen Gerichte mehr als hinreichend auf Jahre zu beschäftigen, kaum noch etwas: In mehreren Bundesländern verweigern die Staatsanwaltschaften seit Monaten die Bearbeitung.

In Leipzig machten die Buchhandelsvertreter jedenfalls klar, dass sie aus den Fehlern der Musik- und Filmbranche gelernt haben. Sie wissen bereits, wie sie den zu freigiebigen Teilen ihrer Kundschaft an die Gurgel gehen können: Um die Internet-Nutzer, die sich strafbar machen, ausfindig zu machen, solle "der Auskunftsanspruch auf den konkreten Namen des illegalen Down- oder Uploaders" genutzt werden, sagte Skipis.

Bevor ein Strafverfahren eingeleitet wird, solle der Nutzer ein oder zwei Verwarnungen per E-Mail erhalten. Wenn er dann immer noch Bücher illegal aus dem Internet herunterlade, bleibe nur die Klage. "Provider verweigern sich der Zusammenarbeit, und die Politik handelt nicht." Effektiv sei auch die Sperre des Internet-Zugangs für einen bestimmten Zeitraum. Untersuchungen in anderen Ländern hätten ergeben, dass 80 Prozent der Bestraften das Raubkopieren dann bleiben lassen.

Die Dimension der Raubkopie von Musik, die im Geschäftsjahr 2004/05 angeblich etwa sechs Milliarden Euro Schaden angerichtete habe, solle sich bei den Büchern nicht wiederholen, sagte Skipis weiter. "Wir können momentan noch nicht sagen, wie viel Schaden das anrichtet. Für uns geht es aber schon jetzt in die Millionen. Unsere Branche spürt das." Kleine und mittlere Wissenschaftsverlage würden vom Markt verschwinden. "Wenn ein Verlag stirbt, wird es auch das kulturelle Angebot nicht mehr geben. Das hat eine gesellschaftliche Relevanz, die leider bei der Politik nicht angekommen ist."

Zur Legalisierung des Herunterladens von E-Büchern setzt der Buchhandel auf die zentrale Online-Plattform libreka!. Dort gebe es bereits mehr als 30 Millionen Buchseiten - ein Bücherberg wäre so hoch wie die Zugspitze. "Wer da nicht dabei ist, hat das Rennen verloren", sagte Skipis. "Möglicherweise steht unsere Branche vor einem Umbruch, so wie Gutenberg es vor über 500 Jahren angerichtet hat." In den elektronischen Bücher solle ein Wasserzeichen hinterlegt werden, mit dem immer nachvollzogen werden könne, wer das Dokument nutzt.

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