NewsKopie: Krankenkassen behalten Geld, das den Kliniken zusteht, für sich

Sonntag, 1. März 2009

Krankenkassen behalten Geld, das den Kliniken zusteht, für sich

Kassen bunkern Fonds-Gelder, die den Kliniken zustehen
Krankenhäuser warten auf 110 Millionen Euro


KIEL (di). Die Kassen bekommen über den Gesundheitsfonds monatlich 110 Millionen Euro für die Gegenfinanzierung der Tariferhöhungen im stationären Sektor ausgezahlt. Die Weiterleitung an die Kliniken aber verhindern sie.

Eigentlich waren sich die Vertragspartner in Schleswig-Holstein schon vor einem Monat einig: Für die im Krankenhausfinanzierungsgesetz in Aussicht gestellte Gegenfinanzierung der Tarifsteigerungen im stationären Sektor sollten die Mittel für die Kliniken möglichst schnell fließen.

Damit Kassen und Kliniken besser planen können und die Mittel schnell für eine Entlastung in der angespannten Personalsituation in den Krankenhäusern sorgen, kamen beide Seiten auf dem Verhandlungswege zu einem Kompromiss über die künftige Höhe der Fallpauschalen. Damit hätten die Kliniken einen Teil der Tariferhöhung, die die Häuser allein im Norden monatlich mit rund sechs Millionen Euro zusätzlich belastet, auffangen können. Außerdem ist die Schaffung weiterer Stellen geplant - landesweit schätzt die Krankenhausgesellschaft (KGSH), dass bis zu 200 neue Pflegestellen ausgeschrieben werden könnten.

Doch das Verhandlungsergebnis aus dem Norden wurde offensichtlich von einigen Verwaltungen der Ersatzkassen kassiert - denn der vdek verweigert die Unterschrift, obwohl alle Kassen zuvor die Verhandlungen begleitet hatten. "Offensichtlich dürfen die Ersatzkassen hier gar nichts mehr entscheiden", glaubt KGSH-Geschäftsführer Bernd Krämer.

Er will nun das Schiedsamt anrufen. Mit der eigentlich geplanten Soforthilfe ist damit frühestens in einigen Wochen zu rechnen. Die Kliniken aber zahlen bereits seit Jahresbeginn die höheren Gehälter und rutschen damit tiefer in die Liquiditätsfalle. "Gleichzeitig sitzen die Krankenkassen auf dem Geld, das ihnen der Gesundheitsfonds pünktlich zuweist", ärgert sich Krämer. Schleswig-Holstein ist kein Einzelfall: Auch in Bremen wurde eine ähnliche Verhandlungslösung ausgebremst.
Regierung zahlt Hälfte der höheren Personalkosten

Die Regierung hat für die Kliniken eine Unterstützung in Höhe von 50 Prozent zum Ausgleich der Gehaltssteigerungen im stationären Bereich beschlossen. Über den Gesundheitsfonds erhalten die Krankenkassen dafür bundesweit jeden Monat 110 Millionen Euro. Die konkrete Höhe der Tarifrate muss noch auf Bundesebene verhandelt werden. Deshalb haben Vertragspartner in Schleswig-Holstein und Bremen versucht, vorher einen zeitnahen Ausgleich zu schaffen und später die Angleichung vorzunehmen. Diese Lösung wird von den Zentralverwaltungen der Kassen blockiert.



Kassenärzte dürfen Behandlungen ablehnen

Ist das Wartezimmer zum Bersten voll, dürfen Patienten nach Hause geschickt werden / Ausnahme: Notfall

NEU-ISENBURG (juk). Entgegen der Ansicht mancher Kassenvorstände sind Vertragsärzte nicht dazu verpflichtet, alle Menschen, die in die Praxis kommen, zu behandeln.

Der Vorstandschef der Kaufmännischen Krankenkasse, Ingo Kailuweit, lehnte sich weit aus dem Fenster, als er sich am Mittwoch gegenüber der Deutschen Nachrichtenagentur dpa zu den angeblich über 1000 Ärzten äußerte, die Patienten nur gegen Vorkasse oder gar nicht behandeln. "Ein Kassenarzt, der die Behandlung verweigert, schadet damit nicht nur seinem Berufsstand, sondern handelt schlichtweg rechtswidrig", zitierte dpa Kassenchef Kailuweit.

Pauschal rechtswidrig sei jedoch nicht jede abgelehnte Behandlung, stellt Arztrechtler Udo Schieferstein aus Mainz klar. Die Behandlungspflicht, die Vertragsärzte bei GKV-Versicherten haben, gehe nicht soweit, dass wirklich jeder Patient ins Sprechzimmer gebeten werden muss. "Die Grenze ist das, was machbar und im üblichen Rahmen ist", so Schieferstein.

Daraus folgt: Wenn kein Notfall vorliegt und das Wartezimmer so voll ist, dass der Arzt bis in den späten Abend behandeln müsste, kann er einen Versicherten nach Hause oder zu einem Kollegen schicken. Auch ein Arzt brauche schließlich mal Feierabend.

Für Ärzte mit Bestellpraxen ist es sogar noch leichter, Versicherte ohne Termin abzulehnen. "Denn die einbestellten Patienten kann man ja nicht beliebig lange warten lassen. Sonst läuft der Arzt Gefahr, dass er sich schadenersatzpflichtig macht und Patienten zum Beispiel Lohnausfall erstatten muss", warnt Schieferstein.

Vertragsärzte, die GKV-Versicherte nur gegen Vorkasse behandeln, handeln in jedem Fall rechtswidrig.



Schamlippenreduktion - Danach muss mit taktilen Störungen gerechnet werden

Aus den USA stammt ein neuer Trend: die kosmetische Schamlippenreduktion. Auch in Deutschland wünschen immer mehr Frauen diese Art von Genitalkorrektur. Gynäkologen und Psychologen warnen jedoch vor möglichen Komplikationen.

Von Ingrid Kreutz

Gibt man in die Suchmaschine Google die Begriffe "labia plasty" ein, erhält man mehr als 400 000 Einträge in 0,23 Sekunden. Dass die Schamlippenreduktion auch in Deutschland bereits ein großes Thema ist, beweist eine Studie der Bundesanstalt für Ernährung und Landwirtschaft. Danach lässt eine Hochrechnung auf rund 1000 Schamlippenstraffungen in Deutschland allein im Jahre 2005 schließen. Es sei jedoch von einer hohen Dunkelziffer auszugehen, so die Autoren der Studie.

Bei manchen Frauen ist der Wunsch nach einer Verkleinerung der Schamlippen verständlich. Sie haben aufgrund einer Hypertrophie der Labien Beschwerden, etwa beim Sitzen, Radfahren, Reiten oder beim Geschlechtsverkehr. Meist handelt es sich jedoch um ästhetische Motive, wenn Frauen eine solche Operation wünschen. Das hat die Analyse von zehn Studien aus den vergangenen zehn Jahren ergeben (Geburtsh Frauenheilk 69, 2009, 19).

Viele Frauen halten ihre Schamlippen für zu groß, weil die inneren Labien die äußeren überragen. Das kommt daher, dass die Rasur der Schamhaare zunehmend in Mode gekommen ist und in den Medien immer häufiger nackte weibliche Genitalien dargestellt werden, meinen die Psychologin Dr. Ada Borkenhagen und der Gynäkologe Professor Heribert Kentenich aus Berlin. Dadurch habe sich ein Schönheitsideal für den Intimbereich ausgebildet: Gefragt ist ein Genitale, das wie das eines jungen Mädchens aussieht, wobei die äußeren die inneren Schamlippen verdecken und die Labien in engen Tangas oder Bikinihöschen nicht auftragen sollen. Um das zu erreichen, seien in vielen Darstellungen in Lifestyle-Magazinen die inneren Schamlippen mittels Grafikbearbeitung entfernt oder die Models so fotografiert worden, dass diese Labien nicht sichtbar sind, so die Autoren. Solche Darstellungen dienten vielen Frauen als Vergleichsmaßstab.

Ein weiteres Motiv für die Labienreduktion: Viele Anbieter propagieren die Methode als Mittel der Wahl zur Steigerung des weiblichen Lustempfindens. Es gebe bisher aber keinen Nachweis, dass solche Eingriffe zu anhaltenden psychischen oder funktionellen Besserungen führen, so die Berliner Wissenschaftler.

Zugleich warnen sie vor den möglichen Folgen der Schamlippenreduktion. In den Studien wird von einem guten klinisch-anatomischen Ergebnis bei durchgehend geringen Komplikationsraten berichtet. Dies stehe jedoch im Gegensatz zu den Berichten im Internet, in denen Betroffene und auch als Gutachter tätige Gynäkologen vielfältige Komplikationsrisiken wie Wundheilungsstörungen, veränderte taktile Empfindungen und Dyspareunie schildern. Außerdem geben die Berliner Forscher zu bedenken, dass in den meisten Studien nur wenige Frauen untersucht und unterschiedliche Operationsmethoden verwendet wurden, so dass die Studien schwierig zu vergleichen seien. Zudem handele es sich bei den Angaben zu den klinisch-anatomischen Ergebnissen und den postoperativen Komplikationsraten meist um Selbsteinschätzungen der Behandler.

Vor jeglichen Eingriffen im Genitalbereich - besonders auch vor einer Verkleinerung der Schamlippen -sollte ein ärztliches Gespräch im Rahmen der psychosomatischen Grundversorgung geführt werden, empfehlen die Forscher. Der Gynäkologe sollte abwägen, ob eine zusätzliche psychologische Einschätzung sinnvoll ist. Diese ist vor allem dann indiziert, wenn sich zum Beispiel Hinweise auf depressive Verstimmungen oder Sexualstörungen finden.



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