Facebooks stille Experimente mit virtueller Währung "Facebook Credits"
Facebooks Suche nach dem Geschäftsmodell "Virtuelle Währung"
Bares in Pixeln: Ohne viel Aufhebens darum zu machen, experimentiert das Millionen-Netzwerk Facebook seit Neuestem mit einer eigenen Währung - den "Facebook Credits". Noch steckt das Projekt in den Kinderschuhen. Aber die virtuelle Geldeinheit könnte sich in naher Zukunft auch in der realen Welt bezahlt machen: dann nämlich, wenn sie der populären, aber defizitären Online-Plattform neue lukrative Vermarktungswege eröffnet. Gute Erfahrungen mit einer virtuellen Währung hat bereits die Onlinewelt "Second Life" gemacht.
Die "Facebook Credits" gibt es bereits seit November. Seither kaufen Mitglieder die bunten Icons in der virtuellen Auslage des Facebook-Geschenkeladens nicht mehr mit US-Dollar oder Euro, sondern tauschen diese vorher gegen Credits ein. Ende Mai folgte der nächste Schritt: Ohne Ankündigung taucht die neue Währungseinheit testweise in ausgewählten Facebook-Anwendungen von Drittanbietern auf, als gleichberechtigte Zahlungsweise neben unter anderem der Kreditkarte - "Pay with Facebook" lautete das Motto.
Mehrere zehntausend dieser Anwendungen - kurz: Apps - sind wie Pilze aus dem Boden geschossen, seit Facebook seine Plattform Anfang 2008 für externe Programmierer geöffnet hat. Sie vertreiben auf eigene Faust ein Bauchladen-Sortiment an Online-Zeitvertreib, vom Pokerspiel bis zum virtuellen Haustier. Mit Erfolg: In Fachkreisen wird geschätzt, dass alle Facebook-Apps zusammengenommen in diesem Jahr rund 500 Millionen US-Dollar einbringen könnten. Gelänge es Facebook, sich über die virtuelle Währung einen Anteil am Umsatz der unabhängigen Entwickler zu sichern, könnte das "maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftszahlen des Unternehmens" haben, schreibt Eric Eldon im US-amerikanischen Branchenblog "Venture Beat".
Facebook auf der Suche nach dem Geschäftsmodell
Bislang hat Facebook noch kein solides Geschäftsmodell gefunden. Die Werbeeinnahmen fließen bislang trotz mehr als 200 Millionen Mitgliedern spärlich. Das ehemalige Harvard-Start-Up, in das 2007 der Software-Riese Microsoft einstieg, muss zudem ein explodierendes Datenvolumen bewältigen - Server und Personal kosten Geld.
Es ist vor allem dieser Finanzierungsmisere geschuldet, dass den "Facebook Credits" in Fachkreisen so große Bedeutung beigemessen wird. Ein Einstieg von Facebook in den E-Commerce - dieses Szenario heizte schon länger die Spekulationen an. Dabei nahm man aber immer an, dass Facebook an einer Bezahlplattform nach dem Strickmuster von PayPal arbeitet. Die jüngsten Tests weisen in eine andere Richtung. "Es geht nicht darum, ein Bezahlsystem zu entwickeln", sagt auch eine deutsche Facebook-Sprecherin. Die "Facebook Credits" seien vielmehr ein Weg, Entwickler und Nutzer ohne Zwischenstation miteinander in Verbindung zu bringen - und ins Geschäft.
Im US-Branchenblog "cnet" gibt es dafür Applaus: Bei immer internationalerer Nutzerschaft habe sich das Dollar-basierte System überholt, schreibt Caroline McCarthy. Sie glaubt, dass die Credits "schnell das werden könnten, was im Internet bislang einer Standard- Währungseinheit am nächsten kommt". Ob sich das für Facebook eines Tages in barer Münze auszahlt? Dazu will die Sprecherin sich noch nicht äußern. Aber: "Sobald man anfängt, über virtuelle Währungen zu reden, kann man sich eigentlich alles vorstellen."
Facebook ist nicht der Erste mit "virtueller Währung"
In der dreidimensionalen Parallelwelt "Second Life" ist bereits zu besichtigen, wie eine virtuelle Währung für Umsatz sorgen kann. Der Betreiber Linden Lab tauscht echtes Geld gegen Linden-Dollar um. Damit kaufen Nutzer ihren Pixel-Figuren Land, Kleidung oder auch Spielzeug aus dem Sex-Shop. Im vergangenen Jahr erlöste die Firma aus Kalifornien damit nach eigenen Angaben 800 Millionen Dollar.
Doch während sich in die 3D-Welt monatlich nur 1,4 Millionen Nutzer einloggen, hat Facebook eine ungleich größere Reichweite. Die Bloggerin Lisa Rutherford ("Venture Beat") traut dem Online-Netzwerk daher zu, mit seiner Währung einen Standard für Zahlungen im Internet zu setzen. Die anderen großen Player wie PayPal, Apple, Amazon oder Google würden Facebook aber keinesfalls kampflos das Feld überlassen. "Die Kriege um die Universal-Währung brechen los", schreibt sie. Es werde spannend, sie zu verfolgen. (Autor: Anja Semmelroch)
Samstag, 18. Juli 2009
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