NewsKopie: Regierungen zensieren mehr im Internet

Mittwoch, 31. Dezember 2008

Regierungen zensieren mehr im Internet

Die Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen hat ihre Bilanz für das Jahr 2008 veröffentlicht. Danach kamen im ausgehenden Jahr weniger Journalisten bei der Ausübung ihrer Arbeit zu Schaden als im Jahr 2007. Dafür häuften sich die Fälle von Internetzensur. In China wurde ein Blogger getötet.

Das Jahr 2008 war für Journalisten etwas besser als das Vorjahr, berichtet die Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) in ihrer Jahresbilanz. Dennoch bleibt ihre Arbeit gefährlich: Im ausgehenden Jahr wurden mindestens 60 Journalisten und ein Medienassistent getötet. 673 Journalisten seien, so ROG, festgenommen, weitere 29 aus politischen oder kriminellen Motiven entführt worden. 929 wurden bedroht oder Opfer von Gewalt.

Auch die Zensur ist zurückgegangen. Im Jahr 2008 stellte die Organisation 353 Fälle fest. 2007 waren es noch 528. Dennoch sei "Zensur noch immer ein regelmäßig eingesetztes Mittel gegen unliebsame Berichterstattung". Die zensierten Medien registrierte ROG mit 132 im Olympiajahr in China. Zensiert wird jedoch auch in anderen Teilen der Welt; in Asien beispielsweise in Birma, Malaysia, im Iran oder Pakistan, in der arabischen Welt in Syrien und Ägypten oder in diversen Nachfolgestaaten der Sowjetunion, darunter in Russland. In Südamerika beschränken Venezuela, Kuba und Brasilien die Pressefreiheit.

Für die Mitarbeiter der traditionellen Medien war die Situation damit etwas besser als im Jahr 2007. Dafür traf es 2008 die Onlinemedien stärker: 59 Blogger wurden 2008 festgenommen, die meisten im Iran (18). Dort zählte ROG zudem 31 physische Übergriffe sowie zehn Verurteilungen. In China wurden zehn Blogger festgenommen, 31 wurden bedroht oder angegriffen. Besonders tragisch ist der Fall des chinesischen Unternehmers und Bürgerjournalisten Wei Wenhua: Als er Anfang Januar 2008 in Tianmen, westlich von Wuhan, der Hauptstadt der Provinz Hubei, einen Zusammenstoß von Demonstranten mit der Polizei filmte, wurde er von örtlichen Polizisten getötet.

Hinzu kommt, dass zahlreiche Websites in 37 Ländern geschlossen wurden. Spitzenreiter ist hier Syrien: Dort wurden 162 Websites zensiert. Auf den Plätzen 2 und 3 folgen China mit 93 und der Iran mit 38 zensierten Websites.

Allerdings üben nicht nur autoritäre Regime Zensur im Internet. Auch die Behörden in Thailand und der Türkei, beides Staaten mit demokratischen Strukturen, haben 2008 den Zugang zu Websites gesperrt, weil dort ihrer Ansicht nach der thailändische König Bhumibol Adulyadej oder der türkische Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk verunglimpft wurden. Solche Aktionen galten bevorzugt Videoportalen wie Youtube und Dailymotion. Auch andere Websites mit Nutzerbeteiligung geraten zunehmend ins Visier der staatlichen Stellen: So zensierten die Behörden in mehreren arabischen Ländern massiv die Inhalte der Community Facebook.

Das Militärregime in Myanmar erwies sich auch 2008 wieder als einer der massivsten Vertreter der Internetzensur. In dem südostasiatischen Land wurde ein Blogger zu 59 Jahren Haft, ein zweiter zu 20 Jahren Haft verurteilt. Im Jahr 2007 hatten die herrschenden Generäle das Land komplett vom Internet getrennt, nachdem Bilder von der blutigen Niederschlagung von Protesten auf westlichen Websites veröffentlicht wurden. Zum Jahrestag Ende September 2008 wurden mehrere von Dissidenten im Exil betriebene Websites durch Distributed-Denial-of-Service-Attacken (DDoS) lahmgelegt.

Das gefährlichste Land für Journalisten ist nach wie vor der Irak, wo 2008 15 von ihnen starben, gefolgt von Pakistan (sieben Tote), den Philippinen (sechs Tote), Mexiko und Georgien (je vier Tote). Allerdings bedeuteten weniger Tote nicht unbedingt, dass sich die Sicherheit vor Ort verbessert hätte. Dass in Afrika 2008 weniger Journalisten getötet wurden als im Vorjahr, hing auch damit zusammen, dass sich Nachrichtenmedien aus Kriegszonen wie Somalia zurückziehen.

Allerdings solle man von dem Rückgang der Zahlen "nicht leichtfertig auf eine Verbesserung der Situation schließen." Das Bild von Journalisten in Handschellen bleibe in vielen Ländern ein trauriges und alltägliches Schauspiel. In die Bilanz hat ROG nach eigenen Angaben ausschließlich Fälle aufgenommen, "die eindeutig oder mit hoher Wahrscheinlichkeit mit der Berufsausübung in Verbindung stehen.".

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