IONISCHER KRISTALL
Superharte Form des Elements Bor entdeckt
Eigentlich dürfte es das gar nicht geben: Forscher sind einer besonderen Form des Elements Bor auf die Spur gekommen. Bei ihr sind elektrische Ladungen unterschiedlich zwischen Atomen desselben Stoffs verteilt. So hoffen die Wissenschaftler, neue Materialien erschaffen zu können.
Das Halbmetall Bor ist ein echtes Sensibelchen. Aus wenigen Lagerstätten, vor allem in der Türkei, wird der besonders feste und steife Stoff gewonnen, der zum Beispiel in Hubschrauberrotoren sowie Tennis- und Golfschlägern zum Einsatz kommt. Doch schon auf minimale Verunreinigungen reagiert Bor empfindlich. Bereits ein Prozent an fremden Atomen kann Struktur und Eigenschaften so stark verändern, dass Wissenschaftler bei der Untersuchung des Stoffes Probleme bekommen.
Nun haben Forscher einen neuen, bislang unbekannten Zustand von Bor gefunden. Für seine Versuche brauchte der Kristallograph Artem Oganow, der mittlerweile an der State University of New York in Stony Brook arbeitet, äußerst reines Bor: Im Fachmagazin "Nature" berichtet er zusammen mit Kollegen, nur ein fremdes Atom pro eine Million Bor-Atome habe sich in seinen Proben noch gefunden.
Die Wissenschaftler heizten das Material auf mehr als 1500 Grad Celsius auf - und setzten es Drücken von 12 bis 30 Gigapascal aus. Um sich vorzustellen, wie viel das ist, hilft ein Vergleich: Um aus Graphit einen künstlichen Diamanten herzustellen, sind lediglich sechs Gigapascal nötig. Ab einem Druck von 19 Gigapascal konnten die Forscher eine aufregende Entdeckung machen. Das Bor bildete einen superharten Kristall - mit außergewöhnlichen Eigenschaften: Das Element im Kristall ist ionisiert. Das bedeutet, dass die Ladungen ungleich zwischen den Atomen verteilt sind.
Geht es nach dem Lehrbuch, dann dürfte eine Ionisierung eigentlich nur zwischen zwei unterschiedlichen Elementen vorkommen, etwa zwischen Natrium und Chlorid im Kochsalz. In der neu entdeckten Bor-Struktur findet die Ionisierung jedoch zwischen zwei Arten sogenannter Nanocluster desselben Elements statt. Zum einen bilden sich in dem Kristall Ikosaeder, also Körper aus zwanzig gleichseitigen Dreiecken. In ihnen finden sich je zwölf Atome zusammen. Zum anderen entstehen hantelartige Strukturen aus je zwei Atomen.
Die Forscher um Oganow sagen voraus, dass auch andere Elemente ionische Zustände einnehmen könnten. Als Beispiel führten sie bestimmte Kohlenstoffstrukturen an. Auf diese Weise ließen sich etwa Materialien erschaffen, die je nach Zustand Infrarotstrahlung absorbieren oder nicht. Außerdem, so die Wissenschaftler, könnten sich interessante Effekte im Zusammenhang mit Supraleitung ergeben.
Sonntag, 1. Februar 2009
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