Wieder Sender zwangsabgeschaltet
Die linksgerichtete venezolanische Regierung hat ihre Kontrolle über missliebige Radio- und TV-Sender weiter verschärft. Weil sich der oppositionelle Privatsender Radio Caracas Televisión (RCTV) weigerte, die stundenlangen Reden von Staatschef Hugo Chávez live zu übertragen, brachte die Regierung den vor 53 Jahren gegründeten Sender endgültig zum Schweigen. RCTV, dem 2007 schon die Lizenz für die Übertragung per terrestrischem Signal entzogen worden war, wurde mit Wirkung ab Sonntag auf Druck der Regierung auch aus den Kabelkanälen des Bezahlfernsehens gestrichen. In der Hauptstadt Caracas kam es zu spontanen Protestkundgebungen.
Die Kabelbetreiber beugten sich mit der Abschaltung von RCTV einer Anordnung des Ministers für öffentliche Aufgaben, Diosdado Cabello. Wenn die Kabelbetreiber der Regierung nicht gehorchten, würden sie bestraft, hatte der Minister gedroht. Die Regierung wirft RCTV nicht nur vor, die bisweilen sich stundenlang hinziehenden Propagandareden von Chávez nicht übertragen zu haben. Der Sender habe sich auch geweigert, andere "Mitteilungen" der Regierung zu senden und sich bei seiner Programmgestaltung nicht an Schutzzeiten für Kinder gehalten. Dies alles sei aber in Venezuela nun mal gesetzlich so vorgeschrieben, und wer sich nicht daran halte, fliege eben raus, sagte der Minister.
Sender in den Bankrott treiben
Marcel Granier, Präsident des Medienunternehmens 1BC, das Eigentümer von RCTV ist, warf der Regierung vor, sie wolle den Sender in den Bankrott treiben. Schon 2007 habe die Belegschaft von 3.000 Mitarbeitern auf die Hälfte verkleinert werden müssen. Zudem sei RCTV ein internationaler Kanal und als solcher nicht zur Übertragung von Chávez-Reden und anderen Regierungserklärungen gezwungen. Cabello widersprach jedoch und sagte, ein Sender sei nur dann international, wenn mindestens 70 Prozent seiner Sendungen aus dem Ausland stammten. Dies sei bei RCTV aber nicht der Fall.
Die Regierung in Caracas hat in den vergangenen Jahren schon zahlreiche regierungskritische Sender schließen lassen. Zudem gibt es Pläne, für eine drastische Verschärfung des Mediengesetzes, wodurch Journalisten mit bis zu vier Jahren Haft bestraft werden könnten, wenn sie Informationen verbreiten, die den "Frieden und die nationale Sicherheit" im Land gefährden. Chávez wirft kritischen Medien ähnlich wie seine Kollegen in Ecuador, Argentinien oder Bolivien vor, sie seien das Sprachrohr der konservativen Opposition sowie alter Eliten, die den von ihm propagierten Aufbruch in einen "Sozialismus des 21. Jahrhunderts" torpedieren wollten.
Montag, 25. Januar 2010
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