Müdes Zwitschern
US-Experten: Der Hype um Twitter ist vorbei
Weltweit 75 Millionen eingeschriebene Nutzer, jeden Tag kommen neue hinzu: Twitter floriert - könnte man meinen. Falsch, sagen Experten: Das Wachstum des US-Microblogging-Dienstes schwäche sich ab. Und die meisten Nutzer seien nur Karteileichen.
Spät, aber doch: Am 19. Januar schickte Microsoft-Gründer Bill Gates seine erste Twitter-Nachricht durchs Netz. Einen Account unter seinem Namen gab es vorher schon. Doch der war offenbar gefälscht. Das neue Twitter-Konto weist Gates nun als geprüftes Mitglied aus. Seine ersten Worte an die Web-Gemeinde? "Hallo Welt!"
Komplimente für die Kanzlerin
Gut zehn Tage und 25 Tweets später "zwitschert" der Microsoft-Gründer längst wie ein Profi. Sein Treffen mit Angela Merkel kürzlich in Berlin sei großartig gewesen, heißt es in einem seiner letzten Tweets. Er sei immer wieder von den Führungsqualitäten der deutschen Kanzlerin beeindruckt - ein Kompliment, das mehr als 368.000 Twitter-Nutzer mitlesen konnten. Denn so viele "Follower" oder Freunde hat Gates innerhalb von zehn Tagen schon hinter sich geschart.
Während nun also auch Bill Gates auf den Twitter-Zug aufgesprungen ist, lässt das Interesse der Netzgemeinde am Microblogging-Dienst aus Kalifornien offenbar schon wieder nach. Das US-Software-Unternehmen HubSpot hat die Nutzerzahlen des Dienstes untersucht. Sein Fazit: Twitter schwächelt.
MEDIATHEK
Ausschnitt einer Homepage der sich mit dem Thema Amokläufer in Winnenden auseinandersetzt
* Video Nachrichten aus dem Netz
Live-Berichte brachten Medienrummel
15. Januar 2009: Eine US-Airways-Maschine muss auf dem New Yorker Hudson River notlanden. Ein Twitter-Nutzer ist Augenzeuge und twittert die Sensationsmeldung als erster hinaus in die Welt. Sechs Wochen vorher hatten Twitterer live von der terroristischen Anschlagsserie im indischen Bombay berichtet. Und im März vorigen Jahres gelangte hierzulande die Twitterin "Tontaube" zu kurzzeitiger Berühmtheit.
"Tontaube" hatte der Netzgemeinde als erste mitgeteilt: "Achtung: In der Realschule Winnenden gab es heute einen Amoklauf, Täter angeblich flüchtig - besser nicht in die Stadt kommen!" Die spektakulären Ereignisse und die Live-"Berichterstattung" via Twitter sorgten für einen gewaltigen Medienrummel. Im Fahrwasser dieses Hypes meldeten sich immer mehr Nutzer beim 140-Zeichen-Dienst an. Laut HubSpot-Studie stiegen die Nutzerzahlen allein im März 2009 um 13 Prozent.
Wachstum schwächt sich ab
Doch der Trend war nicht von Dauer. Twitter war in jenen Tagen für viele Internetnutzer ein neues Phänomen. Sie meldeten sich aus Neugier an, schauten sich bei Twitter um, setzten ein paar Meldungen ab und verschwanden dann auf Nimmerwiedersehen aus dem Twitter-Universum. Twitter wächst zwar nach wie vor, erreichte im Oktober laut HubSpot-Studie aber nur noch ein mageres Plus von 3,5 Prozent.
Eine aktuelle Untersuchung des US-Statistikunternehmens RJMetrix bestätigt diesen Trend. Die Twitter-Gemeinde habe zurzeit weltweit 75 Millionen eingeschriebene Mitglieder, sagt Robert J. Moore von RJMetrix. Moore hat ihr Nutzungsverhalten genauer unter die Lupe genommen. Er wollte wissen, wie aktiv die Nutzer sind. Sein wichtigstes Ergebnis: Die meisten Twitter-Accounts sind verwaist.
An der Computermaus eingeschlafen
Jeder vierte Twitter-Account besitze laut RJMetrix-Untersuchung keinen einzigen Follower - ein deutliches Zeichen für Inaktivität. Vier von zehn angemeldeten Nutzern hätten noch nie eine eigene Nachricht geschrieben, und auch der Rest sei reichlich schreibfaul. 80 Prozent der Twitter-Nutzer hätten bisher weniger als zehn Tweets verfasst. Die Zahl der Schreibmuffel sei seit August 2009 sogar um fünf Prozent gestiegen.
Twitter habe weltweit höchstens 15 Millionen wirklich engagierte Nutzer, sagt Moore. Der Rest ist offenbar an der Computermaus eingeschlafen und beteiligt sich nicht am hektischen Nachrichtengewimmel des Microblogging-Dienstes. Zum Vergleich: Das Online-Netzwerk Facebook hat 350 Millionen Nutzer. Über die Hälfte loggt sich täglich treu und brav bei Facebook ein. Davon ist Twitter derzeit meilenweit entfernt.
Freitag, 29. Januar 2010
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