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Dienstag, 22. Februar 2011

Bio-Sprit E10 - Millionen Autofahrer zahlen jetzt kräftig drauf

Bio-Benzin E10: Millionen müssen auf teure Sorte umsteigen
Streit wegen Unverträglichkeit und Alternativ-Sprit

Nach wochenlanger Unklarheit lichten sich die Nebel um die Folgen des Bio-Kraftstoffes E10. Und die sind für viele unangenehm: Rund drei Millionen Autofahrer müssen auf teures Superbenzin mit 98 Oktan umsteigen. Darum gibt es jetzt Streit.

Seit Jahresbeginn dürfen - beziehungsweise müssen - die Tankstellen in Deutschland Benzin mit einem Anteil von maximal zehn Prozent Ethanol verkaufen. Denn der Gesetzgeber hat den Mineralölfirmen eine Zwangsquote aufgebrummt. Wenn sie nicht einen bestimmten Anteil von Bio-Kraftstoffen verkaufen, drohen hohe Strafen. Damit sollen der Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid vermindert und der Verbrauch von fossilen Rohstoffen gebremst werden. Zwar hegen längst auch Umweltverbände erhebliche Zweifel, ob diese Ziele mit Bio-Kraftstoffen erreicht werden können, aber es ist die Politik der Bundesregierung und die Gesetzeslage.

Unverträglichkeit bei Millionen Autos

Um die Zwangsquote zu erfüllen, wollen die Mineralölfirmen möglichst viel Kraftstoff mit zehn Prozent Bio-Ethanol verkaufen, die neue Sorte E10. Sie wird spätestens Ende nächsten Monats flächendeckend das Standardprodukt an den Tankstellen sein. Am Sonntag verkündete der zweitgrößte deutsche Benzinhändler Shell, dass nun auch bei ihm die Umstellung begonnen hat. Marktführer Aral bietet E10 ebenfalls im Süden und zusätzlich im Osten an; auch alle übrigen Marken arbeiten mit Hochdruck an der Umrüstung der Stationen.

Das Problem: Ungefähr zehn Prozent der 31 Millionen Autos mit Benzinmotor vertragen kein E10. Schon einmal falsch Tanken kann diese Autos ruinieren. Viele Autofahrer sind deshalb verunsichert. "Wir stellen leider fest, dass die Verbraucher weder vom Gesetzgeber noch von der Automobilindustrie ausreichend über die Verträglichkeit des neuen Kraftstoffs für ihr Auto aufgeklärt wurden", klagt Aral-Chef Stefan Brok. Die Mineralölbranche habe den "schwarzen Peter", könne aber keine rechtlich verbindliche Beratung für die Autofahrer leisten. "Das können nur die Automobilhersteller."

Die sind sich aber zum Teil selbst nicht sicher, zumal bei älteren Autos oder importierten Modellen. Eine Liste des ADAC im Internet gibt Auskunft über die E10-Verträglichkeit.(Externer Link)

Steit um den Alternativ-Sprit

Um die Autos betanken zu können, die kein E10 vertragen, hat Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) den Ölkonzernen eine weitere Pflicht ins Gesetz geschrieben: Sie müssen eine "Schutzsorte" mit maximal fünf Prozent Ethanol (E5) an jeder Tankstelle anbieten. Und hier tut sich zwischen Politik, ADAC und Mineralölbranche ein großes Missverständnis auf. Offensichtlich sind Politik und Verbraucherverbände davon ausgegangen, dass die Tankstellen E5 und E10 zum gleichen Preis anbieten. Doch daraus wird nichts.

"Das herkömmliche Super E5 mit 95 Oktan wird nicht mehr angeboten", sagt Shell-Experte Jörg Adolf. Sowohl die Raffinerien als auch die Tanklager und die Tankstellen hätten schlicht nicht den Platz und die Kapazität, um eine solch kleine Sorte zu produzieren und zu lagern. Die Mineralöllogistik in Deutschland gebe das nicht her. "Der Bau neuer Untergrundtanks auf tausenden Stationen für eine zunehmend kleiner werdende Schutzsorte würde zu Kostenbelastungen führen, die diese Sorte unbezahlbar gemacht hätten", assistiert der Mineralölwirtschaftsverband (MWV) in Berlin.

Somit hätten die Tankstellen keine andere Wahl, als ihr höherwertiges Benzin mit 98 Oktan und E5 als Schutzsorte anzubieten. "Das entspricht in vollem Umfang den gesetzlichen Regelungen", heißt es beim MWV.

Bis zu 8 Cent pro Liter mehr

Nun müssen rund drei Millionen Autofahrer 98-Oktan-Benzin tanken und für den Liter je nach Anbieter fünf bis acht Cent mehr bezahlen. Der ADAC ist empört. "Diese Preisgestaltung ist ein Schlag ins Gesicht derjenigen Autofahrer, die nach wie vor E5-Benzin tanken müssen", sagt ADAC-Präsident Peter Meyer. Der SPD-Abgeordnete Dirk Becker springt dem Autofahrerclub zur Seite. "Die Konzerne nehmen die E10-Einführung zum Anlass, mit unlauteren Methoden ihre Gewinne zu erhöhen", behauptet er. Noch vor drei Jahren waren sowohl der ADAC als auch der damalige Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) vor der Einführung von E10 zurückgeschreckt, weil sie eben diese Folge befürchtet hatten.

Nachvollziehbar ist die Kritik jedoch kaum. Wenn Super E5 und E10 zum gleichen Preis verkauft würden, dürften sich viele Autofahrer für E5 entscheiden. Denn dieser Sprit enthält mehr Energie - das Auto fährt damit weiter. Und dann würde das Ziel des Gesetzes nicht erreicht: Den Anteil von Bio-Kraftstoffen zu erhöhen.

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