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Mittwoch, 23. Februar 2011

Blutige Unruhen in Libyen: Obama meldet sich zu Wort

In Libyen herrscht Anarchie, die weltweite Empörung über die vielen Opfer beim Aufstand gegen das Regime von Gaddafi wächst. US-Präsident Barack Obama äußerte sich das erste Mal seit Ausbruch der Unruhen öffentlich. Den Rücktritt des libyschen Staatschefs forderte er allerdings nicht ausdrücklich.

US-Präsident Barack Obama hat die Gewalt gegen Demonstranten in Libyen verurteilt. "Diese Gewalt verletzt internationale Normen und jedes normale Maß an Anstand. Diese Gewalt muss aufhören", sagte er am Mittwochabend in Washington. Es war das erste Mal seit Ausbruch der Unruhen in Libyen, dass sich der Präsident öffentlich dazu äußerte. Das Regime müsse für das gewaltsame Vorgehen zur Verantwortung gezogen werden, drohte er. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon kündigte an, dafür sorgen zu wollen, dass die Verantwortlichen vor ein internationales Gericht kommen. Außenminister Guido Westerwelle forderte bei einem Besuch in Kairo ein geschlossenes Vorgehen der Europäischen Union gegen Libyen.

Unterdessen verliert der libysche Staatschef Muammar al Gaddafi nach über 40-jähriger Herrschaft zusehends die Kontrolle über das Land. Er soll sich mit vier Brigaden in einem Stützpunkt in Tripolis verschanzt haben. Diplomaten, Militärs, Funktionäre und auch immer mehr Stammesführer kehren ihm den Rücken. Der Osten des Landes ist in der Hand von Regimegegnern. Aus Furcht vor einer weiteren Eskalation der Gewalt hält der Flüchtlingsstrom der Ausländer aus Libyen an.

Der nordafrikanische Ableger des Terrornetzwerks al Kaida (Aqmi) sicherte den Demonstranten in Libyen seine volle Unterstützung bei ihrem Aufstand gegen al Gaddafi zugesichert. "Wir werden unser möglichstes tun, um Euch zu helfen", heißt es in einer Mitteilung von al Kaida im islamischen Maghreb, wie das auf die Überwachung islamistischer Internetseiten spezialisierte US-Unternehmen Site am Donnerstag mitteilte.
Rücktritt Gaddafis forderte Obama nicht ausdrücklich

Einen Rücktritt Gaddafis forderte Obama allerdings wie zuvor schon Außenministerin Hillary Clinton nicht ausdrücklich. Auch das Wort Sanktionen nahm der Präsident nicht in den Mund. Die USA würden alle zur Verfügung stehenden Optionen gegen Libyen prüfen. "Es ist zwingend notwendig, dass die Nationen und Völker der Welt mit einer Stimme sprechen", sagte Obama. Ausdrücklich verwies er auf den UN-Sicherheitsrat.

"Alles ist auf dem Tisch, wir werden uns alle möglichen Optionen anschauen", hatte Clinton kurz zuvor gesagt. "Dies ist der Augenblick, in dem die internationale Gemeinschaft gemeinsam handeln muss."

Die EU kann sich bislang ebenfalls nicht zu Sanktionen gegen Gaddafi durchringen. Italien blockiert die Vorstöße von Deutschland und Frankreich - zu groß ist die Angst vor einem neuen Flüchtlingsstrom. Nach den blutigen Kämpfen in Libyen mit bis zu 1000 Toten befürchtet die Regierung in Rom einen Exodus zehntausender Migranten aus Libyen und anderen afrikanischen Staaten.

Angesichts der erwarteten Massenflucht aus Libyen nach Europa fordert Amnesty International die Aufnahme afrikanischer Flüchtlinge auch in Deutschland. "Deutschland muss seine Blockade-Haltung gegenüber einer solidarischen Flüchtlingsregelung in der EU endlich aufgeben", sagte die Deutschland-Chefin der Menschenrechtsorganisation, Monika Lüke, der "Neuen Osnabrücker Zeitung" laut Vorabbericht. Am Donnerstag kommen die EU-Innenminister in Brüssel zusammen.
Schwerste Verstöße gegen die Menschenrechte

Alle, "die das brutale Blutvergießen an Unschuldigen (in Libyen anordnen), müssen bestraft werden", verlangte UN-Chef Ban vor Journalisten in New York. Seine Völkermordexperten beurteilten die Attacken auf Zivilisten als schwerste Verstöße gegen die Menschenrechte. Die internationale Gemeinschaft sollte in dieser kritischen Zeit Einheit bewahren und gemeinsam handeln, "um einen schnellen und friedlichen Übergang in Libyen zu ermöglichen", sagte Ban.

Unterdessen dementierte Gaddafis Sohn Saif al-Islam, dass regimetreue Truppen Luftangriffe auf unbewaffnete Zivilisten geflogen hätten. Es habe lediglich Attacken auf Munitionsdepots in der Wüste gegeben, sagte er laut staatlichem Radio. Dabei sei niemand verletzt worden.

In den vergangenen Tagen war in arabischen Medien immer wieder von Luftangriffen auf Kasernen und Munitionsdepots berichtet worden. Damit habe verhindert werden sollen, dass Waffen in die Hände von Aufständischen gelangen oder von übergelaufenen Soldaten mitgenommen werden. Allerdings war unter Berufung auf Augenzeugen auch berichtet worden, dass in Tripolis Kampfflugzeuge das Feuer auf unbewaffnete Demonstranten eröffnet hätten.

Im Osten Libyens feierten die Bewohner mehrerer Städte am Mittwoch bereits die "Befreiung" ihrer Region von der Gaddafi-Herrschaft. Augenzeugen berichteten, in den östlichen Städten Bengasi und Tobruk seien die Vertreter der Staatsmacht entweder verschwunden oder hätten sich den Aufständischen angeschlossen. Die Straßen der Hauptstadt Tripolis waren nach Augenzeugenberichten weitgehend menschenleer.

Tausende Europäer, Amerikaner und Asiaten flüchten aus Libyen. Nach Angaben aus Brüssel befinden sich noch rund 10.000 EU-Bürger im Land. Die Bundesregierung will möglichst alle verbliebenen Deutschen in Sicherheit bringen - auf dem Luftweg oder mit Schiffen. In der Nacht zum Donnerstag landeten nach Angaben des Auswärtigen Amtes ein Bundeswehr-Airbus und eine Sondermaschine der Lufthansa mit Deutschen und anderen EU-Bürgern aus Tripolis in Deutschland. Für den Notfall ist die Deutsche Marine mit drei Fregatten im Mittelmeer. Zudem stehen zwei Transall-Maschinen der Bundeswehr auf Malta bereit.

Westerwelle wollte am Donnerstag in Kairo Gespräche mit der amtierenden Regierung von Ministerpräsident Ahmed Schafik sowie Vertretern der Opposition führen. Auch eine Begegnung mit dem Generalsekretär der Arabischen Liga, Amr Mussa, stan auf dem Programm. Es ist der erste Besuch Westerwelles in Ägypten nach dem Sturz von Präsident Husni Mubarak.

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